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24.10.2015

24. Oktober 2015


Jetzt ist es schon wieder passiert ... Nach dem kirchlichen Hinweis, dass der Religionsunterricht an der Schule im Dialog meine Privatsache sei, gibt es nun auch einen ähnlichen Kommentar von politischer Seite.

Genau eine Woche vor unserer Teilnahme an der Demo in Wien erreicht mich und viele andere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Petition folgende Mail unserer Innenministerin. Zur Erinnerung: Es ging sowohl bei der Demo als auch bei der Petition um die finanzielle Angleichung der Schulen in freier Trägerschaft mit Öffentlichkeitsrecht an die öffentlichen Schulen:

„Sehr geehrte Frau Dipl. Päd. Gantner,

besten Dank für Ihr Schreiben an Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner, das ich auf ihr Ersuchen hin beantworten darf.

Schulen in freier Trägerschaft stellen aus unserer Sicht eine wertvolle Ergänzung in Bezug auf die Vielfältigkeit des Schulsystems dar.

Diese Schulen sind daher auch im Rahmen der finanziellen Möglichkeit und unter Vereinbarung von Förderkriterien seitens des Bundesministeriums für Bildung und Frauen zu fördern.

Über viele Jahre hinweg konnte der Förderbeitrag, der für die freien Schulen vorgesehen ist, auch laufend erhöht werden.

Dennoch ist es unerlässlich darauf hinzuweisen, dass privat auch privat bleiben muss. Gerade in Zeiten begrenzter budgetärer Möglichkeiten stehen der Ausbau und die Förderung des öffentlichen Schulwesens im Vordergrund.

Im Rahmen der budgetären Möglichkeiten sind Schulen in freier Trägerschaft selbstverständlich weiter entsprechend zu unterstützen. Die Entscheidung darüber obliegt dem zuständigen Bildungsministerium.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Halwachs“

Da wahrscheinlich alle Unterzeichner und Unterzeichnerinnen der Petition dieses Standardantwortschreiben bekommen haben, möchte ich dazu nun einiges anmerken: Ich betreibe meine Schule seit dem Schuljahr 2014/15. Im ersten Jahr erhielt ich einen Förderbetrag von 759,76€ pro Schuljahr und Kind. Im Schuljahr 2012/13 betrug die Förderung noch 824€, im Schuljahr 2013/14 waren es noch 814,27€. Wie hoch die Förderung für das laufende Schuljahr sein wird wissen wir noch nicht. Wie wird diese finanzielle Abwärtsspirale in Zeiten begrenzter budgetärer Möglichkeiten weitergehen? Wir befürchten das Schlimmste. Auch Privatschulen müssen ihr Geschäftsjahr planen können.

Privat muss privat bleiben. Das wäre auch sehr in unserem Sinn, sehr geehrte Frau Minister! Doch gerade die in Niederösterreich geltenden öffentlichen Vorschriften von 7m2 Unterrichtsflächen pro Kind machen uns in diesem Bundesland den Betrieb einer Privatschule fast unmöglich. Ich habe nichts dagegen, dass der Unterrichtserfolg natürlich auch in unseren Schulen behördlich kontrolliert werden soll – gern und jederzeit. Aber unter welchen - auch baulichen - Rahmenbedingungen wir diese Ziele erreichen, muss dann wirklich unsere „Privatsache“ sein, wenn wir keine angemessene staatliche Unterstützung im Gegenzug für die oben erwähnte und andere Einschränkungen erhalten. Diese Auflagen sind nämlich sachlich nicht notwendig, denn in unseren Schulen gibt es sowieso das, was öffentlichen Schulen schon seit langem gut täte: Einen echten Wettbewerb und freie Schulwahl der Eltern. Wenn wir unsere Arbeit nicht wirklich gut machten, wenn wir zu viele Kinder in viel zu kleinen und oft auch nicht sehr ansprechenden Klassenräumen unterrichteten - wie es noch immer in öffentlichen Schulen passiert -, ja, dann würden sich die Familien von uns verabschieden und ihre Kinder wieder dem öffentlichen Schulsystem anvertrauen. Keine Familie ist bereit, manchmal unter sehr beträchtlichen Einschränkungen, monatlich 485€ Schulgeld zu bezahlen, wenn sie dafür nicht eine angemessene Leistung bekommt. Zusätzlich zu den Kontrollen des pädagogischen Erfolgs seitens der Schulbehörde ist dies doch die effizienteste Form der Qualitätssicherung eines Schulbetriebs.

Privat muss privat bleiben. Jetzt spreche ich nur für meine Schule. Ich habe momentan an meiner Schule einen überdurchschnittlich hohen Prozentsatz an Schulkindern mit besonderen Bedürfnissen. Ihr Leistungsniveau reicht von außergewöhnlicher Hochbegabung bis zu Lernbedürfnissen, die einen Unterricht nach dem Lehrplan für Kinder mit Lernschwächen notwendig machen. All diese Kinder sind in der Schule im Dialog, weil sie im öffentlichen Schulsystem nicht die Betreuung erhielten, die sie brauchten. In diesem Zusammenhang zitiere ich nun ein Antwortschreiben, das im Auftrag der Bildungslandesrätin Mag. Barbara Schwarz einem meiner Schulväter auf sein Schreiben hin zugesandt wurde. „Auch haben die Schulen unter Umständen mit Unterstützung durch den Bezirksschulrat und den Landesschulrat dafür vorzusorgen, dass alle Kinder nach den individuellen Bedürfnissen betreut werden können. Da dementsprechend die öffentliche Hand für jedes Kind bereits öffentliche Mittel aufwendet, ist nicht vorgesehen, dass der Besuch einer Privatschule gesondert finanziell unterstützt wird.“

Für den betreffenden Vater war diese Antwort wie ein Schlag ins Gesicht, denn die im Schreiben erwähnte individuelle Betreuung seines Kindes wurde ihm im öffentlichen Schulsystem zwei lange und nervenaufreibende Jahre lang einfach nicht geboten. Ähnliche Erfahrungen machen derzeit viele Eltern. Eltern, deren Kinder jetzt eine gute Schule brauchen und nicht erst dann, wenn die entsprechenden budgetären und personellen Mittel im öffentlichen Schulsystem wieder zur Verfügung stehen. Für mich ist es also jetzt eine Privatsache zu entscheiden, ob ich die Aufgaben des öffentlichen Schulsystem übernehme und auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen aufnehme - was für mich bedeutet, einen erhöhten Personalaufwand zu haben und mich daher viel Geld kostet.

Auch die Förderung von Hochbegabung kostet Zeit und Geld. Wenn z.B. ein Kind am Ende der 2. Schulstufe mit dem gesamten Mathematikstoff der Volksschule fertig ist und wir nur für dieses eine Kind Gymnasialstoff vorbereiten müssen.

Übrigens ist jedes Schulkind mit besonderen Bedürfnissen, das durch den Besuch der Schule im Dialog so gut gefördert wird, dass es später sein Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt führen kann, ein finanzieller Gewinn für unsere Gesellschaft. Finanziert wird das von den Eltern und - wie mir jetzt durch den Brief der Frau Bundesministerin bewusst wird – von mir. Alles reine Privatsache!

Und noch etwas fällt mir dazu ein: Immer häufiger bekam und bekomme ich Anfragen aus dem öffentlichen Schulsystem. Studentinnen, die bei uns hospitieren oder im Rahmen ihrer Ausbildung ein Blockpraktikum machen wollen, Schülerinnen, die im Rahmen ihrer berufspraktischen Woche einen Tag bei uns verbringen, etc. Außerdem wurde ich gebeten, für die PH Krems eine Lehrerinnenfortbildung abzuhalten. Das alles mache ich gerne und mit großer Freude. Bei der Lehrerinnenfortbildung platzten wir aus allen Nähten. 31 Personen waren anwesend und das Feedback war außergewöhnlich positiv.

Dieses Seminar wird mir mit 168€ abgegolten (für vier Einheiten!), für ein zweiwöchiges Blockpraktikum erhalte ich 100€, für alles andere verrechneten wir bisher keinen Cent und unterstützten ein Jahr lang das öffentliche Schulsystem gratis! Alles reine Privatsache!

Privat muss privat bleiben und wird es ab jetzt auch bei uns sein. Ich sehe mich angesichts unserer sehr begrenzten budgetären Möglichkeiten gezwungen, ab sofort für die oben genannten Dienste ein angemessenes Honorar zu verrechnen. So leid mir das für Studentinnen und Kolleginnen tut. Dafür wird es aber wahrscheinlich schon ab Jänner supertolle Seminare der Schule im Dialog geben. Ich habe – inspiriert durch das positive Feedback der Fortbildung der letzten Woche - schon einige Ideen. Sobald sie konkret sind und Termine feststehen, wird es dazu einen Hinweis auf der HP geben. Ich freue mich schon darauf!

Etwas möchte ich zum Schluss noch erwähnen. Immerhin hat es von BM Mag. Johanna Mikl-Leitner und Herrn Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser eine Reaktion auf unsere Petition gegeben. Danke, dass wir Ihnen eine Antwort wert sind, auch wenn diese uns nicht gefällt! Das Unterrichtsministerium und alle anderen Mitglieder der Bildungsreformkommission sind bis jetzt leider stumm geblieben.

P.S.: Am Montag, dem 26. Oktober wird es schon den nächsten Blogeintrag geben!